Tau­melnde Akti­en­kurse und Welt­wirt­schaft?! Junge Men­schen dürfen nicht aus dem Blick geraten!

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Tau­melnde Akti­en­kurse und Welt­wirt­schaft?! Junge Men­schen dürfen nicht aus dem Blick geraten!

Mit Blick auf die Welt­wirt­schaft und die Börsen liegt eine üble Woche hinter uns. Wer hat nicht auf seine ETFs geschaut und sich Sorgen um den MSCI World und damit um seine Alters­ver­sorgung gemacht!? Diese Frage ist leicht zu beant­worten: 83 Prozent der Bevölkerung.

Laut dem Deut­schen Akti­en­in­stitut (DAI) besaßen 2024 im Jah­res­durch­schnitt 12,1 Mil­lionen Men­schen in Deutschland Aktien, Akti­en­fonds oder ETFs. Das sind gerade einmal 17,2 Prozent der Bevöl­kerung ab 14 Jahren. Und die übrigen? Ver­nach­läs­sigen wir einmal die, die das ererbte Ver­mögen aus­schließlich in Immo­bilien oder Edel­me­tallen angelegt haben; dann bleibt immer noch eine satte Mehrheit der Bevöl­kerung, die andere finan­zielle Sorgen hat: stei­gende Mieten und Lebens­mit­tel­preise, über­zogene Giro­konten, die nächste Rate für den Auto­kredit und nur kläg­liche Zinsen für das Sparbuch mit den paar Not­gro­schen bei der Volksbank. Für diese Men­schen spielen schwan­kende Akti­en­kurse keine Rolle im Alltag.

In diesem Beitrag soll es nun aber nicht um den sehr fokus­sierten Blick der Medien auf die Men­schen gehen, die etwas in Aktien zurück­legen können oder einfach noch schneller reicher werden wollen. Welche Sorgen machen sich eigentlich junge Men­schen um Ihre Zukunft und das not­wendige Geld zum Leben? Wie sieht es aus, wenn man jung ist und geringere Chancen hat, weil man in einer Familie lebt, die von Armut betroffen ist, weil man eine fami­liäre Zuwan­de­rungs­ge­schichte hat oder weil man von Benach­tei­li­gungen im Bil­dungs­system und/​oder indi­vi­du­eller Beein­träch­ti­gungen betroffen ist? Junge Men­schen haben generell ein höheres Risiko, finan­zielle Pro­bleme zu bekommen, weil sie über weniger Rück­lagen ver­fügen und ein gerin­geres Finanz­wissen haben. Ins­be­sondere Per­sonen mit Ein­wan­de­rungs­ge­schichte oder gerin­gerem Haus­halts­ein­kommen besitzen ten­den­ziell weniger Wissen über Kredite. Kre­dit­kom­petenz wird jedoch als essen­ziell ange­sehen, um Über­schul­dungs­ri­siken zu senken. Weitere Fak­toren, warum gerade diese Gruppe besonders gefährdet ist, können Sprach­bar­rieren sein, der Wunsch nach Anpassung durch Sta­tus­symbole oder der Lebensstil. Darauf weist das institut für finanz­dienst­leis­tungen e.V. (iff) in seiner Studie zu Kre­dit­kom­petenz junger Men­schen in Deutschland aus dem Jahr 2023 hin.

Laut dem Sta­tis­ti­schen Bun­desamt suchten im Jahr 2023 594.800 Per­sonen Hilfe bei einer Schuld­ner­be­ra­tungs­stelle. Knapp ein Viertel der Men­schen war unter 20 Jahren, knapp 40 % waren jünger als 25 Jahre. Häu­figster Grund: Über­schuldung durch Online­handel. 78 % der Jugend­lichen sorgen sich davor, im Alter nur eine geringe Rente zu bekommen und arm zu sein. 85 % sorgen sich ange­sichts der demo­gra­fi­schen Ent­wicklung um die Finanzlage der gesetz­lichen Ren­ten­ver­si­cherung. Nur 26 % der Jugend­lichen, die ihre finan­zielle Situation als „schlecht“ oder „sehr schlecht“ beur­teilen, können regel­mäßig sparen. 14 % sparen über­haupt nicht, belegt die Metall­Rente Jugend­studie 2022.

Diese Daten stammen aus dem Monitor Jugend­armut, den die Bun­des­ar­beits­ge­mein­schaft Katho­lische Jugend­so­zi­al­arbeit (BAG KJS) Anfang des Jahres 2025 ver­öf­fent­licht hat. Auf dieser Daten­grundlage haben die Expert*innen für Jugend­so­zi­al­arbeit zudem Vor­schläge unter­breitet, wie wir­kungsvoll gegen Jugend­armut vor­ge­gangen werden kann. Zentral ist an dieser Stelle Bil­dungs­ge­rech­tigkeit her­zu­stellen. Dafür sollte die Durch­läs­sigkeit und Inklusion des Bil­dungs­systems auf allen Ebenen gefördert werden, ins­be­sondere durch mehr Aus­bil­dungs­mög­lich­keiten für Men­schen ohne Bil­dungs­ab­schluss. Allen jungen Men­schen muss einen Zugang zu Bildung und Aus­bildung unab­hängig vom Auf­ent­halts­status ermög­licht und ein Blei­be­recht garan­tiert werden. Das BAföG sollte erhöht und Schüler*innen-BAföG ab Klasse 10 wei­ter­ent­wi­ckelt werden. Die Aus­bil­dungs­ver­gütung muss erhöht werden, ori­en­tiert am Min­destlohn. Ein wei­terer Vor­schlag sieht den Einsatz neuer Bil­dungs­formate vor wie KI-​gestützter indi­vi­dua­li­sierter Lern- und Bil­dungswege, (Reverse) Men­toring, Micro­learning bzw. Micro Cre­den­tials oder Gami­fi­cation, auch in Koope­ration mit poten­zi­ellen Arbeitgebern.

Und zumindest dem fol­genden Punkt würden auch die Wirt­schafts­jour­na­listen von Han­dels­blatt, FAZ und Co. sicherlich zustimmen: der Ver­bes­serung der Lern­an­gebote in all­tags­be­zo­genen Wirtschafts- und Finanzfragen.

Wer über Reichtum und Ver­mö­gens­aufbau spricht, muss auch Armut und ihre Bekämpfung in den Blick nehmen. Es darf uns nicht egal sein, dass in Deutschland jede*r Vierte zwi­schen 18 und 24 Jahren und jede*r Fünfte unter 18 Jahren von Armut bedroht ist.

Mehr dazu? Gerne: https://www.bagkjs.de/monitor-jugendarmut/

Autor: Tom Urig

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