Der Tenor des Monitors Jugendarmut 2020: Jugendarmut beschneidet die Entwicklungs- und Teilhabechancen junger Menschen erheblich und oft dauerhaft. Betroffene starten unter deutlich schlechteren Bedingungen in ihre Selbständigkeit als finanziell besser abgesicherte junge Menschen. Und Corona verschärft diese Ungleichheit: Mangelnde digitale Teilhabe hängt arme Jugendliche in der schulischen Bildung noch weiter ab, womit eine gute Berufsausbildung in noch weitere Ferne rückt.
Der Monitor „Jugendarmut in Deutschland 2020“ beleuchtet die Verfügbarkeit von Ausbildungsplätzen, den Wohnungsmarkt als zusätzliche Hürde, die mangelnde soziale Teilhabe sowie die Auswirkungen der Corona-Pandemie auf die Perspektiven benachteiligter Jugendlicher.
Die Folgen der Coronakrise treffen alle, aber längst nicht alle gleichermaßen hart. Rund 3,2 Millionen Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene in Deutschland waren schon vor der Pandemie armutsgefährdet. Die meisten von ihnen leben in Haushalten, die auf Grundsicherung angewiesen sind. Das Arbeitsministerium schätzt, dass die Zahl der Haushalte mit Grundsicherung durch die Coronakrise um 1,2 Millionen Haushalte steigen wird.
Armut als stete Begleiterin
Armut ist eine stete Begleiterin im Leben vieler Jugendlicher. Sie ist der Ferienkurs, der nicht besucht wird, der Schulausflug, der nicht mitgemacht wird, der Kontakt, den man nicht knüpft – weil finanzielle Mittel und soziale Teilhabe fehlen. Jugendliche, die solche Gelegenheiten verpassen, können ihre individuellen Fähigkeiten nur eingeschränkt entwickeln – und damit auch ihre Zukunftschancen. Eine Berufsausbildung gibt Hoffnung auf einen sicheren Job und ein regelmäßiges Einkommen. Doch bereits im Sommer schätzte die Bundesagentur für Arbeit coronabedingt einen Anstieg der unversorgten Bewerber*innen und hatte in ihrer Statistik 47.000 weniger freie Ausbildungsplätze erfasst als im Vorjahr.
Bildungsnachteile und digitale Schere
Die Pandemie hat digitalen Unterricht unumgänglich gemacht. Technische oder finanzielle Unterstützung für Jugendliche aus benachteiligten Familien sind aber die Ausnahme. Mit der Schließung der Schulen verschlechterte sich für arme und benachteiligte Schüler*innen der ohnehin erschwerte Zugang zu Bildung dramatisch. Denn über Erfolg oder Misserfolg des Homeschoolings entscheiden die unterschiedlichen Voraussetzungen der Jugendlichen. Es gibt Jugendliche, die schnell in einem neu strukturierten Tagesablauf mit eigenem Computer und stabilem Internetanschluss am digitalen Unterricht teilnehmen. Aber ebenso gibt es junge Menschen, die sich selbstständig organisieren müssen, mit Geschwistern am Handy abwechseln und digitale Unterrichts-angebote schlecht oder gar nicht wahrnehmen können.
82,2 Prozent der 14-Jährigen aus bildungsfernen Familien und 86 Prozent aus Familien mit ALG II-Bezug haben zwar Zugang zu einem Computer und Tablet. Doch wenn Aufgabenblätter nicht ausgedruckt werden können oder dieser eine Computer der Familiencomputer ist, auf den während der Kontaktbeschränkungen alle gleichzeitig zugreifen, dann fehlt trotzdem der gezielte Zugang zu Bildung. Nur 37,5 Prozent der 14-Jährigen aus Familien mit ALG II-Bezug besitzen selbst einen Computer oder Tablet, in bildungsfernen Familien sogar nur 34,2 Prozent.
Mobilität ist ein Privileg
Gerade von Jugendlichen mit fehlendem oder einfachem Schulabschluss wird erwartet, dass sie auch weit entfernte Ausbildungsplätze in Kauf nehmen. Doch die Wahrheit ist: Mobilität ist ein Privileg. Auszubildende können sich das Wohnen in einer deutschen Großstadt ohnehin kaum leisten. Und sind die Eltern selbst in Geld-not, sind finanzielle Zuschüsse oder eine Bürgschaft unmöglich.
Monitor Jugendarmut 2020 – Jugendarmut aktiv bekämpfen
Die Katholische Jugendsozialarbeit in Deutschland übernimmt eine Anwaltsfunktion für die größer werdende Zahl sozial benachteiligter junger Menschen, zu denen auch die von Armut betroffenen gehören. Mit unserer Initiative und dem Monitor machen wir auf die bestehende Ungerechtigkeit in den (Start-)Chancen junger Menschen aufmerksam.
Den Monitor „Jugendarmut in Deutschland 2020“ können Sie direkt am Bildschirm lesen oder hier runterladen.