Der afa-Kooperationskreis wird von Trägern und Multiplikatoren in vielfältiger Weise für einen Erfahrungsaustausch genutzt und um, fachpolitische Gespräche mit den Fraktionen im Deutschen Bundestag zu führen. Dem Kooperationskreis gehören Vertreter*innen und Verantwortliche aus Einrichtungen der Jugendberufshilfe an, die im Umfeld kirchlicher Jugendarbeit ihre Arbeit leisten bzw. in diesem entstanden sind. Neben den BDKJ-nahen Einrichtungen gehören hierzu auch Einrichtungen aus Fachverbänden des Caritasverbandes, Kolping-Bildungsunternehmen sowie weitere katholische Träger.Schwerpunkt waren bei dem afa-Kooperationskreis im Juni die fachpolitischen Gespräche. Diese wurden geführt mit Beate Müller-Gemmecke (Bündnis 90/Die Grünen), Pascal Kober (FDP) und Birke Bull-Bischoff (Die Linke). Ein Gespräch mit Stephan Stracke, (CDU/CSU) findet im September statt.Im Vordergrund des Austausches und der politischen Gespräche standen die Pläne der Regierung, die die Integration aller Jugendlichen in Ausbildung und Arbeit betreffen Außerdem die Integration Langzeitarbeitsloser in Beschäftigung. Dem Kooperationskreis lag der Entwurf des Gesetzes vor, wie die soziale Teilhabe durch geförderte Beschäftigung Langzeitarbeitsloser gesichert werden soll.
Hierzu sollen im § 16i SGB II, bis zu 150.000 Langzeitarbeitslose in eine geförderte Beschäftigung integriert werden. Die Förderung soll degressiv zwischen 100% und 70% liegen. Beschäftigungsbegleitung und aufsuchende Akquise sollen möglich sein. Die hierfür zur Verfügung stehenden 4 Milliarden Euro sollen im Eingliederungstitel bereitgestellt werden. Allerdings könnten hiervon 1 Milliarde Euro zur Deckung des Defizits bei den Verwaltungskosten der Grundsicherungsträger genutzt werden. Zur Integration Geflüchteter soll auch der § 16e geöffnet werden, in dem 2 Jahre lang die Beschäftigung durch Lohnkostenzuschüsse und 75 % bzw. 50 % gefördert werden kann.
In den Gesprächen mit Oppositionspolitiker*innen wurde deutlich, dass es begrüßenswert erscheint, das Thema des sozialen Arbeitsmarktes angegangen zu sein. Es bestehen jedoch Zweifel, ob der Ansatz nicht zu kurz gegriffen ist. Die Bundesregierung hat sehr wahrscheinlich nicht ausreichend Geld zur Verfügung gestellt um tatsächlich die Integration von 150.000 Arbeiternehmer*innen fördern zu können. Hierzu bedürfte es des Passiv/Aktiv Transfers, der im Gesetzentwurf aber nicht integriert ist. Dies scheint vor allen Dingen eine strategische Frage zu sein, da vermieden werden soll, die Länder im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens über den Bundesrat einbeziehen zu müssen. Die Teilnehmer*innen des Kooperationskreises machten in den Gesprächen deutlich, dass es eine kleinere Zielgruppe von unter 25-Jährigen gibt, die (noch) keine Aussicht auf Integration in Qualifizierung und Ausbildung haben und zur Integration in Arbeit einer längeren, möglicherweise dauerhaften Förderung einer Beschäftigung bedürfen. Es ist wichtig für diese begrenzte Zielgruppe, dass Instrument der geförderten Beschäftigung, welches geschaffen wird, offen zu halten.
Die Angebote der Agenturen und Jobcenter richten sich nicht an Geflüchtete, deren Verfahren erfolglos beendet ist und die im Rahmen einer Duldung in Deutschland weiter verbleiben. Die Situation in den Unterkünften verschlechtert sich dadurch, dass diesen Menschen nicht die Möglichkeit gegeben ist, sich mit sinnvoller Tätigkeit einzubringen und so einen gesellschaftlichen Beitrag zu leisten. Gerade für diese Menschen müssen Möglichkeiten von Qualifizierung und geförderter Beschäftigung geschaffen werden, die ihren Alltag strukturieren und so zu einer Entspannung in den Flüchtlingsunterkünften beitragen.
Bezüglich der Maßnahmen SGB III, SGB II wurde deutlich, dass es noch einige Baustellen gibt:
- Die 2‑jährige Verlängerung der assistierten Ausbildung wird als ein Schritt in die richtige Richtung bewertet. Hier bedarf es einer Verstetigung und eines Ausbaus des Instruments.
- Die Berufsausbildung in außerbetrieblichen Einrichtungen ist für ein Teil der Zielgruppe der Jugendsozialarbeit in beiden Varianten ein notwendiges Instrument, das für ihre Integration in Qualifizierung und Ausbildung unerlässlich ist.
- Die meisten Bundesländer wollen nicht die Kofinanzierung der Berufseinstiegsbegleitung ab dem nächsten Jahr übernehmen. Um dieses Instrument zu erhalten, ist zu prüfen, inwieweit die Kofinanzierung nicht weiter aus Bundesmitteln oder dem Bundes ESF bestritten werden kann.Der §16 h SGB II als Instrument eines niederschwelligen Zugangs für systemferne Jugendliche, wird sehr unterschiedlich genutzt. Es wurde von einigen gelungenen Projekten berichtet. Es wurde aber auch deutlich, dass in zahlreichen Jobcentern der § 16h nicht genutzt wird. Bei den Geschäftsführ*innen der Jobcenter besteht Unsicherheit. Viele Jobcenter scheuen mögliche Vermerke des Bundesrechnungshofes oder anderer Prüfinstanzen.
- Die Ausbildungsplatzsituation hat sich insgesamt auf einem guten Niveau gehalten. Allerdings profitieren Jugendliche aus der Zielgruppe der Jugendsozialarbeit nicht ausreichend von dieser Situation. Ihre Integration in Ausbildung ist weiterhin schwierig und gelingt häufig nicht. Hier gilt es Instrumente nachzuschärfen und weitere Anstrengungen zu unternehmen, um die Situation zu verbessern und die Rolle der Träger der Jugendsozialarbeit in diesen ganzen Verfahren in der richtigen Art und Weise in die Planung zu integrieren.
- Mögliche Änderungen des Berufsbildungsgesetzes werden die Zielgruppe der Jugendsozialarbeit betreffen und müssen begleitet werden. Die Mindestausbildungsvergütung kann in einigen Berufen die Situation für die Auszubildenden entspannen, zu prüfen ist, ob sie auch bei schulischen Berufsausbildungen und Angeboten außerbetrieblicher Ausbildung nach dem SGB III und SGB II Gültigkeit haben sollen.
- Insbesondere z.B. in der Gastronomie zeigt sich, dass Betriebe mit der Ausbildung überfordert sind und es unbürokratischer Hilfen für Betriebe bedarf. Die Ausbildung Benachteiligter braucht flexiblere Instrumente, die die Jugendlichen und die Betriebe unterstützen. In der außerbetrieblichen Ausbildung braucht es eine stärkere Intensität der Betriebskontakte, auch wenn hiermit nicht viel mehr Übernahmen in betriebliche Ausbildung realisierbar sind.
- Der Koalitionsvertrag geht davon aus, dass Jugendberufsagenturen flächendeckend existieren. Im Austausch wird deutlich, dass Jugendberufsagenturen in sehr unterschiedlichen Formen mit unterschiedlicher Intensität der Zusammenarbeit und unterschiedlicher Wirksamkeit arbeiten. Die politischen Gesprächspart*innen sind sehr interessiert an Positiv- und Negativbeispielen, um diese in der politischen Arbeit nutzen zu können.
- Deutlich wird, dass mit Spannung auf die neue ESF-Förderphase geblickt wird. In vielen Bundesländern geht es darum, gute Ansätze in Jugendprogrammen zu erhalten und die Ressourcen hierfür weiterhin zu nutzen.
Autor: Ludger Urbic, Referat für Jugendsozialarbeit in der BDKJ-Bundesstelle e.V.
Bild: Büro Birke Bull-Bischoff