Wo sind all die Jugendlichen und was bewegt sie gerade? Auch die Jugendförderung macht die Erfahrung, dass sich die Digitalisierung stark auf die soziale Teilhabe und Kommunikation von Jugendlichen auswirkt.
Speziell die pädagogischen Betreuer*innen in den Einrichtungen der Offenen Kinder- und Jugendarbeit stehen diesbezüglich vor großen Herausforderungen, da sie sich an der, zunehmend von digitalen Medien geprägten, Lebenswelt der Jugendlichen orientieren. Pädagogischen Fachkräften fehlt zum Teil das Wissen darüber, wo Jugendliche sich aufhalten, wie die jeweiligen Plattformen auf technischer wie inhaltlicher Ebene funktionieren.
Den richtigen Kanal finden, damit die angebotenen Leistungen bei der Zielgruppe ankommen
Die Lücke, die sich auftut, gilt es zu schließen. So kann eine gezielte Kommunikation über die sozialen Medien einerseits Klient*innen auf die Einrichtung und deren Angebote aufmerksam machen. Andererseits ermöglichten der Austausch und die Pflege von Kontakten digitale Teilhabe, die eine geeignete Ergänzung zu der analogen Arbeit darstellen kann.
Dabei sollte zunächst die eigene Haltung im Team reflektiert und eruiert werden, denn die gesamte Einrichtung sollte hinter den eigenen Social-Media-Aktivitäten stehen. Nur so gelingt eine authentische Kommunikation, die bei der Zielgruppe ankommt.
Das Jugendzentrum St. Cassius wollte diese Herausforderung, nicht zuletzt auch pandemie-bedingt, schnell und effektiv angehen
Das Zentrum ist eine Begegnungsstätte für Kinder und Jugendliche zwischen 6 und 21 Jahren, hier können die unterschiedlichen Altersgruppen ihre Freizeit verbringen, Freund*innen treffen, spielen, lernen oder einfach entspannen.
Parallel zum täglichen offenen Treff bietet die Einrichtung zahlreiche Angebote und Workshops an. Vor der Pandemie wurden die Räumlichkeiten auch für Konzerte und Comedy genutzt. Die pandemiebedingte Schließung des Jugendzentrums führte zu einem Kontaktverlust der Sozialarbeiter*innen des Jugendzentrums St. Cassius zu ihren Besucherinnen und Besuchern. Dies nahmen die Studierenden der TH Köln zum Anlass, um das Jugendzentrum in einem Zeitraum von neun Monaten aktiv bei der Entwicklung eines Leitfadens zur Einrichtung eines Social- Media-Kanals zu unterstützen und zu beraten.
Für die Sozialarbeiter*innen stellt der Austausch und die Pflege von Kontakten auch über digitale Medien eine zukunftsweisende Ergänzung der analogen Arbeit dar
Die Studierenden entwickelten im Rahmen des Projekts einen Leitfaden, der sich an die pädagogischen Fachkräfte der Jugendarbeit sowie die Leitung und Geschäftsführung der Einrichtung richtete. Denn um Jugendliche in ihren vielfältigen anlog-digitalen Räumen abholen zu können, sind ein grundlegendes Wissen über deren Social Media-Nutzung und Kompetenzen im Umgang mit Social Media notwendig.

Es gilt also den analogen Raum zu verlassen, ohne ihn zu vernachlässigen, und neue digitale Räume zu schaffen, die einen aktiven Dialog mit den Jugendlichen ermöglichen. Der über einen Zeitraum von vier Monaten entwickelte Leitfaden beinhaltet neben der Haltungsentwicklung und grundsätzlichen Kenntnissen zur Einrichtung eines solchen Kanals auch eine stringente und zielgruppengerechte Ansprache der Adressat*innen. Ergänzend zu den Studierenden der TH Köln, wurde die Einrichtung von einer Kommunikationsagentur begleitet. Hier ging es im Kern um das Design und die Erstellung der Inhalte. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass der Leitfaden nicht nur den Handlungsradius der Mitarbeiter*innen der Einrichtung erweitert und sie in ihrem digitalen Handeln bestärkt hat, gleichzeitig wurde auch eine nachhaltige Basis für das aktive digitale Miteinander zwischen dem Jugendzentrum und der Zielgruppe geschaffen.
Der von der Einrichtung ins Leben gerufene Kanal stellte den Jugendlichen, die durch die Pandemie ohnehin stark belastet waren, neben dem „Offenen, analogen Treff“ einen neuen, digitalen Begegnungsraum zur Verfügung, in dem sie sich mit Fachkräften und anderen Jugendlichen treffen und austauschen konnten. Die durch die Pandemie ausgelöste analoge Distanz hat sehr deutlich gemacht, wie wenig die sozialen Einrichtungen auf die digitale Kommunikation mit ihrer Zielgruppe eingerichtet waren.
Das Projekt hat gezeigt, dass über eine gezielte leitfadengestützte Heranführung an Social Media, die Ängste von Mitarbeiter*innen genommen und sie erfolgreich zur digitalen Teilnahme motiviert werden konnten. Das Jugendzentrum St. Cassius weckt somit die Hoffnung, dass sich in Zukunft auch in anderen Jugendeinrichtungen etwas ändern wird, Jugendliche also auch im Jugendzentrum vielfältig sozial präsent sein können.
Kontakt zur
Heimstatt Bonn
Filiz Bozkurt
f.bozkurt@heimstatt-bonn.de