Drei Studienreisen für Fachkräfte in der Jugendsozialarbeit: Integration von jungen Geflüchteten und junge Migrant/-innen
Unter Federführung der BAG KJS und zusammen mit sechs weiteren Partnerorganisationen aus fünf europäischen Ländern wurde im Laufe des vergangenen Jahres die transnationale Lernmobilität für Fachkräfte in der Jugendsozialarbeit — “Junge Geflüchtete und Migrierte in internationalen Übergängen — Young refugees and migrants in international transition” Y‑REMIT – durchgeführt. Fachkräfte aus der Jugendsozialarbeit aus Griechenland, Italien, Schweden, Großbritannien und Deutschland nutzten die Gelegenheit zum Austausch über Unterstützungsangebote für junge Geflüchtete in Europa. Der thematische Fokus der Fachkräfteaustausche lag auf den unterschiedlichen Systemen und Konzepten der sozialen (beruflichen) Integration von jugendlichen Geflüchteten/Migrant/-innen. Insgesamt beteiligten sich 45 Fachkräfte am Fachkräfteaustausch. Für die BAG KJS haben sich 9 Kolleg/-innen hauptsächlich aus den Jugendmigrationsdiensten beteiligt. Finanziert wurde das Mobilitätsprojekt durch das Förderprogramm Erasmus+/Jugend in Aktion.
3./4. April 2017: Erster Studienbesuch in Athen
NOSTOS, eine Nichtregierungsorganisation, die sich in der Hauptsache um Unterbringung, Integration und Weiterverteilung von Flüchtlingen kümmert, war die gastgebende Partnerorganisation. In der ersten Lerneinheit wurden die spezifischen flüchtlingspolitischen, asylrechtlichen und sozialen Strukturen Griechenlands vermittelt. Da fast alle Flüchtlinge auf eine Weiterreise hoffen, werden klassische Integrationsangebote (z.B. Sprachkurse) kaum angenommen oder müssen unter dem Aspekt des Kurzfristigen konzipiert werden. Eindrücklich die Praxisbesuche in Einrichtungen für minderjährige Flüchtlinge und Unterkünfte für geflüchtete Familien. Eine von NOSTOS organisierte kritisch politische „free walking Tour“ durch Athen gab einen anderen Blick auf die griechische Metropole.
1./2. Juni 2017: Zweiter Studienbesuch in Skelleftea/Schweden
Skelleftea ist eine Kommune mit 35.000 Einwohner/innen in der nordschwedischen Provinz Västerbottens. Dort leben ca. 260.000 Menschen auf einer Fläche verteilt, die ungefähr der Größe des Bundeslandes Bayern entspricht. Die Region ist auf Zuwanderung angewiesen und wirbt aktiv um neue Bewohnerinnen und Bewohner. Fast alle Integrationsarbeit wird durch die Kommune organisiert. Ähnlich wie in Deutschland verfügt Schweden über eine sehr differenzierte Struktur an Integrationsangeboten. Ein Praxisbesuch galt dem Dorf Lövanger, das für seine siebenhundert Einwohnerinnen und Einwohner außergewöhnlich viele, nämlich rund dreihundert Flüchtlinge aufgenommen hat. Ferner gab es Einblicke in das Arbeiten mit unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen in Schweden. Schweden hat nach Deutschland die meisten unbegleiteten jungen Flüchtlinge aufgenommen. Der Abschluss war im kommunalen Theater, wo junge Migrant/innen ihre selbst konzipierten Werke präsentierten.
16./17./18. Oktober2017: Dritter Studienbesuch in London
Children’s Society ist ein kirchliches Kinderhilfswerk, dass schon seit über 70 Jahren viel Erfahrung in der Unterstützung von geflüchteten Kindern und Jugendlichen hat. Viel Wert wird auf Lobbying und Campaigning legt. Sehr interessant war die Vorstellung des Projektes „Ha te Bah“, dessen Hauptziel die strukturelle Unterstützung von Kirchengemeinden bei deren Arbeit mit und für Flüchtlinge ist. Am Abend des zweiten Tages stand der Besuch eines Jugendclubs in der Zentrale der Children’s Society an, wo nochmals intensive Gespräche mit jungen Flüchtlingen und Migrant/innen geführt wurden.
Fazit und Ausblick:
Alle drei Studienbesuche waren von einem sehr dichten zweitägigen Lernprogramm geprägt. Wichtig war nicht nur der Praxisbezug zur Sozialen Arbeit mit jungen Flüchtlingen und der personale Austausch unter den Fachkräften, sondern auch der direkte Kontakt mit den jungen Migrant/-innen vor Ort. Mehr grenzüberschreitender fachlicher Austausch zwischen Praktiker/-innen der Jugendsozialarbeit bzw. von sozialen Trägern auf europäischer Ebene ist dringend notwendig. Deshalb wäre die Planung und Umsetzung eines weiteren längerfristig angelegten und nicht nur auf Austausch ausgerichteten Mobilitätsprojektes unter Erasmus+/Jugend in Aktion, eine Chance zur Qualitätssteigerung in der Jugendsozialarbeit.
Autor: Alexander Hauser — Fachreferent Jugendsozialarbeit & Europa für die BAG KJS
Bilder: Alexander Hauser